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Ich habe ein Problem...

wie sag ich´s meinem Partner? 5 tipps fürs mitteilen

 

Klara und Ben* haben in meiner Praxis einen Termin vereinbart. Wir kommen darüber ins Gespräch, was genau sie denn zu mir geführt hat. Beide sind sich einig darüber, dass sie gern etwas an ihrer Kommunikation ändern wollen. Sie wissen nur nicht wie. Als ich sie bitte, mir dazu ein konkretes Beispiel aus ihrem Alltag zu erzählen, berichtet Ben: „Letzten Mittwoch haben Klara und ich vereinbart, dass sie unsere Tochter Svenja aus dem Kindergarten abholt. Ich hatte noch einen Termin und konnte sie daher nicht wie sonst abholen. Jedoch rief mich kurz nach der Abholzeit der Kindergarten an und fragte mich, warum Svenja denn noch nicht abgeholt sei. Klara war telefonisch nicht zu erreichen. Also musste ich alles stehen und liegen lassen und Svenja abholen. Als Klara nach Hause kam und ich mit ihr darüber reden wollte, entwickelte sich daraus eine Diskussion, die wir dann abbrechen mussten, weil sie einfach zu nichts führte. Wir wünschen uns, Wege zu finden, wie wir in Zukunft besser miteinander reden können.“

 

Gemeinsam erarbeiten wir fünf grundlegende Regeln, die es für den zu beachten gilt, der seinem Partner etwas mitteilen möchte:

1. sich öffnen

Wer möchte, dass der Partner sich auf ein Gespräch einlässt, sollte selbst bereit sein, sich zu öffnen und dem Partner ehrlich mitteilen, wie es ihm geht. Wenn Gefühle und Bedürfnisse direkt geäußert werden, lassen sich Vorwürfe und Anklagen vermeiden. Der Partner wird sich viel eher auf ein Gespräch einlassen können.

2. von sich selbst sprechen

Wer etwas mitteilen will, sollte nur von seinen eigenen Gedanken und Gefühlen sprechen, in sogenannten Ich-Botschaften. Dadurch werden die Aussagen persönlicher. Wenn Sätze auf den anderen ausgerichtet sind, als Du-Botschaften, löst das beim Gegenüber meist den Wunsch aus, sich zu rechtfertigen.

3. konkrete Situation ansprechen

 Es ist hilfreich, möglichst von ganz konkreten Situationen und Anlässen zu sprechen. So lassen sich Verallgemeinerungen vermeiden. Worte wie „immer“ oder „nie“ rufen meist den Wunsch hervor, sich zu verteidigen oder etwas richtig zu stellen.

4. konkretes Verhalten ansprechen

Der Partner, der etwas mitteilen will, sollte nach Möglichkeit konkrete Verhaltensweisen ansprechen. So ist es dem Gegenüber eher möglich Aussagen nachzuvollziehen.  Hierbei hilft es besonders, das Verhalten das angesprochen wird, von den Gefühlen und Gedanken zu trennen, die ebenfalls damit verbunden sind.

5. Beim thema bleiben

Es ist notwendig beim Thema zu bleiben, auch wenn es schwerfällt! Wer darauf achtet, nur auf die Inhalte einzugehen, die für das aktuelle Thema wichtig sind, läuft nicht Gefahr, vom eigentlichen Thema des Gesprächs abzukommen.

 

Klara und Ben stellen fest, dass der Punkt „Bei sich bleiben“ aktuell ihre größte Baustelle ist. Daher nehmen wir die Ich-Botschaften nochmal etwas stärker in den Blickpunkt. Was bedeutet das konkret?

Man bleibt dann bei sich, wenn eigene Beobachtungen, Gefühle, Eindrücke oder Gedanken ausgedrückt werden, ohne dem Partner dafür die Verantwortung zuzuschieben oder sein Verhalten zu bewerten. Schon bei der Wahl der Begriffe kann deutlich werden, wie stark Gefühle mit einer Bewertung verbunden sind. Beispielsweise bei den Worten: missverstanden oder getäuscht. Wenn nicht so, wie also dann? Wichtig ist es, die eigenen Bedürfnisse auszudrücken. Negative Gefühle entstehen häufig, weil wichtige Bedürfnisse nicht erfüllt sind. Daher sollte eine Ich-Botschaft neben den eigenen Gefühlen auch eine Bitte enthalten. Eine Bitte kann als Brücke wirken und so die verstummte Kommunikation wieder in Gang bringen.

 

Mit Blick auf die fünf Punkte, nehmen wir nun nochmal die Situation von Ben und Klara etwas genauer unter die Lupe.

Ben erinnert sich daran, mit welchen Worten er auf Klara empfangen hat: „Also, das glaub ich ja nicht, wie kannst du hier so seelenruhig reinspazieren, als ob nichts wäre? Du hast offensichtlich keine Ahnung, in welche Lage du mich und deine Tochter heute gebracht hast. Ich hatte so einen Stress wegen dir! Und das passiert ja nicht zum ersten Mal. Das ist wirklich so typisch für dich. Ich muss mich auf dich verlassen können, aber scheinbar ist das ja nicht möglich!“ Klara erinnert sich, dass sie zunächst gar nicht wusste, worum es ging. Sie verspürte nur den starken Wunsch, das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden. Als ihr dann wieder einfiel, dass sie vergessen hatte, Svenja abzuholen, tat ihr das wirklich leid. Sie wollte sich dafür bei Ben (und Svenja) entschuldigen, jedoch machte der Versuch alles nur noch schlimmer.

 

Zusammen machen wir uns Gedanken darüber, wie das Gespräch alternativ hätte aussehen können:

Als Klara von der Arbeit nach Hause kommt, schüttet Ben ihr sein Herz aus. Er erzählt ihr, dass er großen Stress hatte. Er ging davon aus, dass Klara Svenja wie besprochen vom Kindergarten abholt. Als das nicht passierte, fühlte er sich im Stich gelassen. Er macht ihr deutlich, dass er sich wünscht, dass sie sich die Erziehungsaufgabe gerecht aufteilen. Wenn sie sowas vergisst, kommt es bei ihm jedoch so an, als ob ihr das nicht so wichtig sei. Gern würde er noch andere Situationen aufzählen, in denen sie ebenfalls etwas versäumt hat. Er schluckt diese Bemerkung jedoch runter, da er weiß, dass dies im Augenblick nicht weiterhilft.

Klara kann nachvollziehen, was in ihrem Mann vorgeht. Sie entschuldigt sich für ihr Versäumnis und sichert ihm zu, dass sie an seiner Seite ist und er sich auf sie verlassen kann. Ben ist immer noch sauer, fühlt sich jedoch verstanden.

Bei dieser Vorstellung lächeln beide.Leichtigkeit liegt in der Luft. Noch sind Ben und Klara nicht da, wo sie hinwollen.

Aber sie sind auf dem Weg – gemeinsam.

 

* Anmerkung: Die Privatsphäre meiner Klient*innen bleibt geschützt. Klara und Ben sind zwei fiktive Personen, die jedoch in ihrer Geschichte als Paar und ihrem Therapieprozess Aspekte zeigen, die viele Paare in meiner Praxis in ähnlicher Weise erleben.