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"Ich bin ganz da..."

5 Tipps für zuhören

 

Anna und Sven sitzen im Restaurant. Seit langer Zeit haben sie mal wieder einen kinderfreien Abend. Beide haben sich im Vorfeld sehr auf diese gemeinsame Zeit miteinander gefreut. Jedoch verlief dieser Tag heute irgendwie ganz anders als geplant. Beim Verabschieden flossen bei den Kindern Tränen, so dass Anna jetzt unruhig ist, ob zu Hause wohl alles gut geht. Sven hatte heute auf der Arbeit eine Auseinandersetzung mit einem Kollegen. Das liegt ihm im Augenblick noch ziemlich schwer im Magen. Als er gerade damit beginnt, seiner Frau davon zu berichten, kündigt Annas Smartphone eine Nachricht an. Anna wird nun etwas unruhig und unkonzentriert. Sie ist in Sorge, dass zu Hause mit den Kindern irgendwas nicht in Ordnung ist. Während sie in ihrer Handtasche nach dem Telefon sucht, sagt sie, ohne aufzublicken: „Erzähl ruhig weiter, ich höre dir zu.“ Als dies in der nächsten halben Stunde noch zwei weitere Male passiert, wird Sven immer einsilbiger. Erst als Anna sicher ist, dass zu Hause alles in Ordnung ist, beginnt sie sich zu entspannen. Sven jedoch hat nun kein Interesse mehr, etwas von seinem Tag zu erzählen. Der Rest des Essens verläuft recht schweigsam. Beide sind enttäuscht über den Ausgang des Abends, auf den sie sich doch so gefreut hatten ...

 

 Im vollgepackten Alltag und einem Kopf voller Termine und To-do-Listen kann es manchmal ganz schön herausfordernd sein, sich voll und ganz auf ein Gespräch mit dem Partner einzulassen. Um solche Situationen im Alltag zu vermeiden, ist es gut sich ein paar Gedanken darüber zu machen, was gutes Zuhören ausmacht. Wie kann ich meinem Partner signalisieren „Ich höre dir zu und bin ganz für dich da?“ Hier sind fünf Tipps:

1. Aufnehmendes Zuhören

Ein gutes Gespräch ist davon gekennzeichnet, dass der Partner, der redet, den Eindruck hat, dass der Andere Interesse an dem zeigt, was erzählt wird. Durch Blinkkontakt und eine Körperhaltung, die sich dem Anderen zuwendet, signalisieren wir Aufmerksamkeit. Der Zuhörende kann dem Sprechenden außerdem durch Aussagen wie: „Ich würde gern mehr darüber erfahren“ sein Interesse am Gespräch signalisieren. Bei Anna und Sven würde das so aussehen: In Annas Handtasche vibriert das Telefon. Anna wird unruhig. Sie möchte gern wissen, was los ist. Deshalb unterbricht sie Sven und sagt: „Entschuldige mich kurz, ich möchte mal eben nachschauen, wer sich da gemeldet hat.“ Sie ruft zu Hause an, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. Nun hat sie den Kopf frei fürs Gespräch, packt ihr Telefon weg und wendet sich Sven zu.

 

2. Offene Fragen

Um gut in ein Gespräch zu starten, kann man Fragen stellen, die nicht mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Anna fragt also nicht: „Hattest du heute einen guten Tag?“ Stattdessen eignen sich offene Fragen. Diese motivieren den Gesprächspartner ausführlicher zu antworten. Das erspart Interpretationen. Anna fragt: „Schatz, erzähl mir doch mal was bei dir heute in der Firma los war, ich habe den Eindruck, du stehst heute Abend ziemlich unter Druck.“

 

3. Zusammenfassen

Es ist auch für das Gespräch hilfreich, wenn man die wesentlichen Aussagen des Gegenübers nochmal mit eigenen Worten kurz zusammenzufasst. Dies beugt Missverständnissen vor. So kann man sicher gehen, dass das Gesagte auch so verstanden wurde, wie es der andere gemeint hat. Bei Sven und Anna läuft das so ab: Als Sven sich einmal alles von der Seele gesprochen hat, versucht Anna das Gehörte nochmal mit ihren Worten wiederzugeben. „Du hast also den Eindruck, dass dein Kollege einen Fehler gemacht hat. Nun versucht er, es dir in die Schuhe zu schieben?“ Sven: „Ja, so in der Art. Vielleicht sehe ich die Sache auch zu eng, aber so kam es mir heute vor.“

 

4. Lob für das Gesprächsverhalten

Im Gespräch tut es gut, wenn der, der etwas von sich erzählt, eine Rückmeldung vom zuhörenden Partner bekommt. Dies macht Mut, sich zu einem anderen Zeitpunkt erneut zu öffnen. Daher könnte Anna sagen: „Es war schön, dass wir heute Zeit hatten uns darüber auszutauschen wie es dir bei der Arbeit geht. Ich verstehe jetzt viel besser, warum es für dich in letzter Zeit dort so anstrengend ist.“

 

5. Rückmeldung des ausgelösten Gefühls

Manchmal kann es in Gesprächen vorkommen, dass ein Partner etwas erzählt, was der Andere völlig anders sieht. Als Sven beim Erzählen erwähnt, dass es mit dem Kollegen schon immer schwierig war, unterbricht Anna ihn und sagt: „Das stimmt doch aber gar nicht. Du warst doch am Anfang total begeistert von ihm.“ Sie ist aufgebracht und möchte die Aussage über den Kollegen so nicht stehen lassen. Das ist völlig verständlich und durchaus legitim. Für einen konstruktiven Gesprächsverlauf wäre es jedoch von Vorteil, wenn man es vermeidet mit einem Vorwurf reagieren. Stattdessen sollten die eigenen Gefühle direkt zurückgemeldet werden. Anna würde dann beispielsweise wie folgt reagieren: „Ich bin überrascht, dass du das so siehst. Das war mir nicht klar. Das muss ich jetzt erst mal kurz sacken lassen.“ Genauso wichtig ist es natürlich auch, positive Gefühle zurückzumelden, wie zum Beispiel. „Es tut mir gut, zu hören, wie es dir geht. Dadurch fühle ich mich mehr mit dir verbunden. Danke für deine Offenheit.“

Grundsätzlich ist es wichtig, dass eigene Gesprächsverhalten hin und wieder zu reflektieren. Gute Gespräche sind kein Selbstläufer. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz hat das in einem Zitat sehr treffend beschrieben: „Gesagt ist noch nicht gehört, gehört ist noch nicht verstanden, verstanden ist noch nicht einverstanden, einverstanden ist noch nicht angewendet und angewendet ist noch nicht beibehalten.“

 Klingt nach einem langen Weg. Ja, manchmal kann es mühsam sein im Gespräch neue Wege zu gehen. Aber es lohnt sich! Denn gute Gespräche vertiefen die Liebe und stärken die Beziehung!